Emilia Galotti

Emilia Galotti

Das Mainfrankentheater bringt mit Lessings Emilia Galotti den Klassiker des Bürgerlichen Trauerspiels ins nagelneue kleine Haus.

Darum geht´s

Gezeigt wird die tragische Geschichte von Emilia, die von einem Prinzen begehrt wird und die sich im Strudel gesellschaftlicher und moralischer Zwänge letztlich selbst tötet, um ihrer Ehre zu bewahren.

Darum geht´s wirklich

Im Zentrum steht der immerwährende Konflikt zwischen der individuellen Freiheit und sozialen Erwartungen. Das Stückt zeigt, welche Auswirkung die Kollision von persönlicher Moral und politischer Macht haben kann. Alles eingebettet in den feudalen Kontext des 18. Jahrhunderts.

Zum Bühnenbild

Eine cappuccino-goldene, stoffbezogene Wand teilt den Bühnenraum in das „Davor“ und das „Dahinter“, das „Hier“ und das „Dort“. Die Wand wird von den Protagonisten immer wieder gedreht und verschoben, wodurch neue, bespielbare Räume entstehen. Metaphorisch ist zu erkennen, wie die handelnden Charaktere versuchen, räumliche Grenzen neu zu setzen und moralische Grenzen zu verschieben. Der Ort der jeweiligen Szene bleibt dabei visuell abstrakt und fordert vom Zuschauer viel Imagination. Leider erschwert die Reduzierung des Bühnenbildes mitunter die Orientierung für das Auditorium.

Zur Inszenierung

Das Ensemble des Mainfrankentheaters ist sichtlich bemüht, dem 250 Jahre alten Text einen aktuellen Anstrich zu geben. Lessing verortet sein Trauerspiel in einem italienischen Fürstentum – und zumindest inhaltlich und sprachlich orientiert sich die Inszenierung am historischen Setting.
Ganz anders aber die Kostüme: Die Protagonisten kleiden sich zeitlos bieder, ohne jeden feudalen Glanz. Auch Habitus, Maske und die gemeinsame Interaktion stehen im (gewollten) Widerspruch und zeigen zeitgenössisch Handelnde. Die stilistische Diskrepanz zwischen der sprechenden Person und dem gesprochenen Wort stört nach einer kurzen Eingewöhnungphase aber weniger als vermutet.

Lieder scheint es, als wisse das Stück sich selbst nicht richtig einordnen zu können: Im einen Moment zupft der junge Prinz als liebeskranker James Dean-Verschnitt auf seiner Gitarre und bringt dabei sein Empfinden zum Ausdruck. Und schon im nächsten Moment findet sich das Stück wieder gefangen in einer feudalen Zwangsjacke. Immer wieder keimt der Versuch auf, dem Trauerspiel einen modernen Anstrich zu geben und Wege in die Gegenwart zu bereiten.

Das Ensemble des Mainfrankentheaters selbst spielt sehr akkurat und gewohnt stark. Der Zuschauer kann erkennen, wie die von Regie und Dramaturgie gesetzten Marker stringent ausgespielt werden. Fast mechanisch bewegen sich die Protagonisten innerhalb ihres durch die Rolle gesetzten Rasters wie Spielfiguren auf einem großen Spielfeld.

Zum Fazit

Tolle Regiearbeit, tolles Ensemble, tolle Location. Trotzdem springt der Funke nicht wirklich über. Vielleicht ist Lessings Sprache inzwischen wirklich zu weit von der Gegenwart entfernt. Selbst wenn der Themenkomplex „persönliche Interessen versus sozialer Erwartungen“ auch heute noch Konfliktpotential birgt, gelingt es der Inszenierung nur bedingt, in die Lebenswirklichkeit und das Hier und Heute vorzudringen. 5 Beer.

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