Kalender Girls

Kalender Girls

Das Chambinzky zeigt im Frühjahr 2024 auf der großen Bühne das Stück Kalender Girls.

Drum geht´s

Eine Gruppe biederer Landfrauen aus der englischen Provinz posiert für einen Oben-Ohne-Kalender, um Geld für ein soziales Projekt zu akquirieren.

Darum geht´s wirklich

Es geht um Emanzipation. Und um Freundschaft. Und um das Überwinden moralischer Grenzen – der eignen Grenzen, der gesellschaftlichen Grenzen.

Zum Bühnenbild

Die minimalistische Bühne im organisch-geschwungenen Design erinnert an eine Revue-Treppe aus einer 70er-Jahre Fernsehshow. Als solitäres Requisit hebt sich einzig ein Klavier vom sonnenblumengelben Hintergrund ab. Im Wesentlichen beherbergt die Bühne das „Vereinsheim“ der Protagonistinnen: es bietet Sicherheit und Freiraum, ist vertrautes Nest und provinzrevolutionärer Schmelztiegel für neu Gedachtes. Das Bühnenbild überzeugt in seiner Schlichtheit und Pragmatik.

Zur Inszenierung

Während das Stück in der ersten Hälfte, die immerhin fast 75 Minuten dauert, in weiten Teilen Spielfreude zu präsentieren weiß, sumpft es im zweiten Teil erheblich ab. Die Geschichte ist bis zur Pause weitestgehend auserzählt. Im zweiten Teil klingen schlaglichtartig überwiegend neue Aspekte an, die das Geschehen sehr in die Länge ziehen. Zudem verlässt die Inszenierung hier den eingeschlagenen schmalen Grat zwischen Tragödie und Komödie und rutscht zu sehr ins Klamaukige ab. Hier hätte der Rotstift dem gesamten Theaterabend gut getan.

Das Ensemble spielt mit Lust. Allerdings drängen bei den Protagonistinnen vereinzelt Selbstdarstellungs-Nuancen in den Vordergrund, was das gemeinsame Spiel mitunter in den Hintergrund drängt: „Ich bin“ statt „wir sind“. Für das Chambinzky typisch kann die Inszenierung – vor allem in der ersten Halbzeit – mit einem hohen Spieltempo und sitzenden Anschlüssen punkten.

Das größte Problem in der Glaubwürdigkeit der Darstellung: Das Ensemble besteht aus attraktiven, so-called „Best-Agerinnen“. Frauen, die aus jeder Pore der mitunter faltigen Haut Selbstbewusstsein ausstrahlen. Reife Feminität, silbergraue Sexyness, er- und ge-lebte und gezeigte Lebenserfahrung. Die vom Stück verlangte Biederness bei den Protagonistinnen steht dabei im absoluten Widerspruch zur Ausstrahlung der Miminnen, denen man die erlittene Schicksalshörigkeit leider nicht abnimmt. Aber gerade die (leider nicht explizit ausgearbeitete) emanzipatorische Metamorphose hätte die für den Erfolg des Stücks notwendige Fallhöhe konstruiert. Das gelingt im Chambinzky leider nur bedingt.

Fazit

Ein netter, wenngleich unnötig langatmiger Theaterabend. Die manchmal aufkeimende Melancholie und der notwendige Tiefgang werden durch zu viel Klamauk zunichte gemacht. Reicht daher leider nur für 3 Beer.

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